Vor seinem Aufbruch in die Ukraine hat der britische Premierminister Boris Johnson weitere Unterstützung seines Landes für die Ex-Sowjetrepublik angekündigt.
Mit 88 Millionen Pfund (umgerechnet rund 105 Millionen Euro) wolle man der Ukraine helfen, unabhängiger von russischem Gas zu werden und Anti-Korruptions-Initiativen zu stärken. « Als Freund und demokratischer Partner wird Großbritannien weiterhin die Souveränität der Ukraine gegenüber denen verteidigen, die versuchen, sie zu zerstören », sagte Johnson vor seinem Abflug einer Mitteilung zufolge. Man rufe Russland auf, eine diplomatische Lösung zu finden und « weiteres Blutvergießen zu vermeiden ».
Ein direktes Telefonat Johnsons mit dem russischen Präsidenten Wladimir Poutine ist jedoch bis auf weiteres aufgeschoben. Downing Street hatte eigentlich für Montag geplanten Austausch Berichten zufolge verschieben müssen, da Johnson sich im Parlament für seine Lockdown-Partys rechtfertigen musste.
Russland will keinen Krieg beginnen
Russland nach Angaben seines UN-Botschafters auch dann keinen Krieg in der Ukraine beginnen, wenn die Forderungen nach Sicherheitsgarantien seitens der Nato und USA scheitern sollten.
« Ich kann das ausschließen », sagte der Vertreter Russlands bei den Vereinten Nationen, Wassili Nebensja, der Agentur Interfax zufolge à New York. Auch wenn die Verhandlungen über die Sicherheit in Europa scheitern würden, werde es keinen Überfall Russlands auf die Ukraine geben. Nebensja hatte den USA in der UN-Sitzung am Montag vorgeworfen, einen Krieg in Europa herbeireden zu wollen.
Zuvor hatte Moskau schriftlich auf Washingtons Antworten zu russischen Sicherheitsforderungen reagiert. Das US-Außenministerium bestätigte den Eingang des Schreibens am Montagabend, machte aber keine Angaben zum Inhalt.
Unterdessen gehen die Bemühungen um die Beilegung des Konflikts weiter. Russlands Außenminister Sergej Lawrow und sein US-Kollege Antony Blinken wollen an diesem Dienstag telefonieren. In dem Gespräch dürfte es nun vor allem um Russlands Schreiben gehen. Gleichzeitig will der britische Premierminister Boris Johnson den ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj in Kiew treffen.
Das US-Außenministerium betonte, voll und ganz dem Dialog verpflichtet zu sein und sich weiter mit den Verbündeten, einschließlich der Ukraine, abstimmen zu wollen. « Es wäre unproduktiv, in der Öffentlichkeit zu verhandeln, also überlassen wir es Russland, ob es seine Antwort diskutieren möchte », erklärte eine Sprecherin mit Blick auf den Inhalt des russischen Schreibens. Die US-Regierung hatte Russland in der vergangenen Woche schriftlich Antworten auf die Sorgen Moskaus um die Sicherheit in Europa zukommen lassen. Darin erteilte die US-Regierung der russischen Forderung nach verbindlichen Zusagen für ein Ende der Nato-Ausweitung erneut eine Absage.
Papier erhalte auch « positive Dinge »
Das Papier selbst wurde nicht veröffentlicht. US-Außenminister Blinken äußerte sich aber in einer Pressekonferenz. Es enthalte auch « positive Dinge », die weiterverfolgt werden sollten, hatte er über das US-Schreiben gesagt. Auch die Nato hatte Moskau in einem separaten Schreiben geantwortet. Russland hatte den USA und der Nato Ende vergangenen Jahres den Entwurf einer Vereinbarung übergeben, in der der Kreml Sicherheitsgarantien in Europa verlangt. Unter anderem wird ein Ende der Nato-Osterweiterung gefordert, durch die sich Russland bedroht sieht. Insbesondere will der Kreml eine Aufnahme der Ukraine in das westliche Verteidigungsbündnis verhindern.
Der britische Premier Johnson wollte eigentlich am Montag mit dem russischen Präsidenten Wladimir Poutine telefonieren, was sich durch die Befragung im Parlament zu seiner « Partygate » -Affäre jedoch verschob. Auf seiner Reise in die Ukraine wird er nun auch nicht von Außenministerin Liz Truss begleitet – sie wurde positiv auf das Coronavirus getestet. Unterdessen empfängt Poutine à Moskau den ungarischen Regierungschef Viktor Orban. Es ist das erste persönliche Treffen des russischen Staatsoberhaupts mit dem Regierungschef eines Nato-Mitgliedstaats seit der Eskalation zwischen Russland und dem Westen im Ukraine-Konflikt.
Macron et Poutine en engem Austausch
Gleichzeitig loteten Putin und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron die Möglichkeit eines persönlichen Treffens bei einem Telefonat aus. Macron et Poutine hatten erst am Freitag länger miteinander telefoniert. Die beiden pflegen in dem Konflikt enge Kontakte, weil Paris seit Jahren in dem Ukraine-Konflikt vermittelt. Frankreich hat derzeit auch die Ratspräsidentschaft in der EU. Poutine machte nach Kremlangaben erneut deutlich, dass es Russland in den aktuellen Spannungen mit dem Westen um eine neue Sicherheitsarchitektur in Europa gehe.
Angesichts eines Aufmarschs von mehr als 100.000 Soldaten in der Nähe der Ukraine wird im Westen befürchtet, dass der Kreml einen Einmarsch in die ehemalige Sowjetrepublik plant. Für möglich wird allerdings auch gehalten, dass nur Ängste geschürt werden sollen, um die Nato-Staaten zu Zugeständnissen bei Forderungen nach neuen Sicherheitsgarantien zu bewegen. Moskau dementiert Pläne zu einem angeblichen Einmarsch.
Nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums hat Russland seine Truppen an der Grenze zur Ukraine am Wochenende weiter verstärkt – auch im Nachbarland Belarus. Am Montagabend wies das US-Außenministerium Familienmitglieder von US-Regierungsangestellten an, Belarus zu verlassen. Die US-Regierung warnte in ihren Reisehinweisen vor einer « ungewöhnlichen und besorgniserregenden russischen Militärausrüstung entlang der belarussischen Grenze zur Ukraine ». Bereits Mitte Januar hatte die US-Regierung wegen des Ukraine-Konflikts ihre Botschaftspräsenz in Kiew verringert.
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