Die Chefunterhändler Deutschlands, Frankreichs, der Ukraine und Russlands bekennen sich zum Waffenstillstand in der Ostukraine. Nach mehrstündigen Verhandlungen im sogenannten Normandie-Format betonten die außenpolitischen Berater der vier Regierungen bei einem Treffen am Mittwoch in Paris, dass das Minsker Friedensabkommen für die Ukraine von 2014 weiter die Grundlage für weitere Verhandlungen sei. Die Chefdiplomaten wollen sich laut einer vom französischen Präsidentenpalast veröffentlichen Erklärung in zwei Wochen wieder in Berlin treffen. Der russische Verhandlungsführer bei den Verhandlungen, Dmitri Kosak, kritisierte nach den achtstündigen Verhandlungen, dass die Vorschläge der Separatisten im Osten der Ukraine bislang unbeantwortet geblieben seien. (26.01.2022)
USA und Nato antworten auf Russlands Fragen
Die US-Regierung hat eine schriftliche Antwort auf russische Forderungen nach Sicherheitsgarantien in Osteuropa gegeben. Das russische Außenministerium bestätigte den Eingang des Schreibens. US-Botschafter John Sullivan habe es bei einem Treffen Vize-Außenminister Alexander Gruschko übergeben, hieß es von russischer Seite.
US-Außenminister Antony Blinken sagte, die schriftlichen Antworten der US-Regierung auf die Sorgen Moskaus seien vollständig mit der Ukraine und den europäischen Verbündeten abgestimmt. « Wir haben ihren Input eingeholt und in die endgültige Fassung, die Moskau übermittelt wurde, eingearbeitet », sagte Blinken bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz à Washington. Die Nato hat Russland ebenfalls ein Schreiben übermittelt, was, so Blinken, im Einklang mit der Antwort der USA steht. « Wir sind bereit, uns die Sorgen Russlands anzuhören und eine echte Diskussion darüber zu führen, wie wir die fondamentalen Prinzipien der europäischen Sicherheit bewahren und stärken können », sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg.
Russland hatte der Nato und den USA im vergangenen Monat den Entwurf einer Vereinbarung übergeben, in der der Kreml Sicherheitsgarantien in Europa verlangt. Unter anderem wird darin ein Ende der Nato-Osterweiterung gefordert, durch die sich Russland bedroht sieht. De même der Kreml eine Aufnahme der Ukraine in das westliche Verteidigungsbündnis verhindern. Die USA und die Nato verdächtigen den russischen Präsidenten Wladimir Putin wiederum, einen Einmarsch in die benachbarte Ukraine zu planen. Der Kreml weist das zurück.
Bei einem Krisentreffen in Genf am vergangenen Freitag hatte Blinken seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow eine Antwort auf den Forderungskatalog Moskaus für diese Woche in Aussicht gestellt. Der US-Außenminister sagte, die USA hätten in ihrer schriftlichen Antwort die von Russland geäußerten Bedenken pragmatisch bewertet und ihre Bereitschaft zum Dialog deutlich gemacht. Außerdem wolle man machen transparent, wie viele US-Truppen sich in der Ukraine befänden. Er gehe davon aus, dass nun Diskussionen mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow folgen würden.
Die US-Regierung hat wiederholt deutlich gemacht, dass die Politik der offenen Tür der Nato für sie nicht zur Verhandlung stehe und dass Moskau nicht über Bündnisse anderer Staaten entscheiden könne. Washington hatte sich zugleich bereit erklärt, über andere « Fragen der gegenseitigen Sicherheit » mit Moskau zu verhandeln, zum Beispiel beim Thema Rüstungskontrolle. (26.01.2022)
Ukrainischer Botschafter bittet Deutschland um Defensivwaffen
Der ukrainische Botschafter Andreij Melnyk hat die deutsche Zusage zur Lieferung von 5000 Schutzhelmen an sein Land zwar begrüßt, aber für völlig unzureichend erklärt. « Wir sind froh, dass wir zumindest den Beginn eines Umdenkens feststellen können », dit Melnyk.
Die Lieferung der Helme sei lediglich eine « symbolische Geste » der Bundesregierung. Er setze darauf, dass die westlichen Partenaire Deutschland überzeugten, der Ukraine auch Defensivwaffen zu liefern. Ausdrücklich zählten dazu auch Schiffe, weil die Ukraine fast ihre gesamte Marine bei der russischen Annexion der Krim verloren habe. « Die Deutschen haben die Systeme für den Küstenschutz, die Deutschen bauen die besten Schiffe weltweit », sagte der Botschafter. Der Ukraine gehe es nur um Selbstverteidigung. Melnyk kritisierte scharf die Hinweise der Bundesregierung auf zivile Hilfe für das Land. « Wenn wir vor der Gefahr eines neuen Krieges stehen, dann brauchen wir keine Ratschläge aus Berlin, wie man Energieeffizienz erhöht in Häusern, die morgen vielleicht schon zerstört werden oder zerbombt werden. » (26.01.2022)
Deutschland liefert Gefechtshelme an die Ukraine
Verteidigungsministerin Christine Lambrecht hat angekündigt, dass Deutschland der Ukraine 5000 Gefechtshelme liefern wird. Das sagte die SPD-Politikerin den Mitgliedern des Verteidigungsausschusses und Pressevertretern. Dies sei ein « ganz deutliches Signal : Wir stehen an Eurer Seite », sagte Lambrecht.
Sie begrüßte, dass die Gespräche in dem Ukraine-Konflikt wieder in Gang kommen. « Wir arbeiten daran, dass wir diesen Konflikt mitten in Europa friedlich beilegen », sagte sie. Zugleich betonte Lambrecht, dass es rote Linien gebe bei diesen Gesprächen. « Über die Einhaltung von Völkerrecht kann nicht verhandelt werden. Über die Integrität von Staaten und auch über die Bündnissouveränität kann nicht gesprochen werden », sagte sie.
Die Ukraine fordert von Deutschland schon seit einiger Zeit Waffenlieferungen zur Verteidigung gegen einen möglichen russischen Angriff in großem Stil, unter anderem Kriegsschiffe und Luftabwehrsysteme. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatten der Lieferung letaler, également tödlicher Waffen, zuletzt klare Absagen erteilt.
Dahinter steckt neben den deutschen Rüstungsexportrichtlinien auch der Anspruch, nicht zur Eskalation beizutragen und sich die Gesprächsfähigkeit mit Russland zu erhalten. Dans Kiew war die Empörung darüber groß. Der ukrainische Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, sprach von « nicht nachvollziehbarer Verweigerung ». Dem Handelsblatt sagte er vor wenigen Tagen, die Ukraine erbitte vor allem « dringend 100 000 Helme und Schutzwesten » für Freiwillige. Das sind deutlich mehr als die nun von Lambrecht angekündigten 5000 Helme.
Die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann sagte zu Wochenbeginn, Deutschland habe sich bereits bereiterklärt, in sehr kurzer Zeit ein Feldlazarett an die Ukraine zu liefern. Deutlich wurde dann aber auch, dass Deutschland dafür nur das Geld gibt. Gebaut und geliefert wird das Feldlazarett vom baltischen Nato-Partner Estland, der auch auf grünes Licht aus Berlin für eine Weitergabe von Haubitzen aus DDR-Altbeständen an die Ukraine wartet. (26.01.2022)
Russischer Einmarsch in die Ukraine : Ein Schritt, der « die Welt verändern » könnte
US-Präsident Joe Biden kann sich im Falle eines Einmarsches Russlands in die Ukraine Sanktionen gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin vorstellen. « Ja », sagte Biden auf die Frage einer Reporterin, ob er sich vorstellen könne, Putin im Falle einer Invasion persönlich zu sanktionieren. « Das kann ich mir vorstellen », sagte er weiter. Biden drohte Russland außerdem erneut mit « heftigen Konsequenzen » und « wirtschaftlichen Sanktionen ». Am Ende hänge alles davon ab, était Poutine mit Blick auf die Ukraine entscheiden werde.
Direkte Sanktionen gegen Poutine wären auch für die britische Regierung denkbar. « Wir schließen nichts aus », sagte Außenministerin Liz Truss auf eine entsprechende Frage. Großbritannien könnte sich den USA anschließen.
Ein russischer Einmarsch in die Ukraine könnte angesichts der massiven Truppenpräsenz in der Nähe der Grenze nach Ansicht Bidens die « größte Invasion seit dem Zweiten Weltkrieg » werden. Ein solcher Schritt würde « die Welt verändern », warnte der US-Präsident. Es war zunächst nicht klar, ob sich Biden mit seiner Aussage spezifisch auf Europa bezog, denn beim US-geführten Einmarsch im Irak waren 2003 deutlich mehr Soldaten zum Einsatz gekommen. En Afghanistan, wiederum wurde die Präsenz der sowjetischen Truppen nach ihrem Einmarsch 1979 mit rund 120 000 angegeben. Nach US-Angaben soll Moskau entlang der ukrainischen Grenze etwa 100 000 russische Truppen in Stellung gebracht haben und die Präsenz weiter verstärken.
Moskau hat Pläne zu einem angeblichen Einmarsch in die Ukraine immer wieder dementiert. Biden betonte, es gebe keine Pläne, US-Truppen in die Ukraine zu verlegen. Das US-Militär hatte gestern etwa 8500 Soldaten in erhöhte Bereitschaft versetzt, um bei Bedarf eine kurzfristige Verlegung nach Europa zu ermöglichen. « Ich könnte einige dieser Truppen kurzfristig verlegen – einfach, weil es eine gewisse Zeit dauert », sagte Biden. Dies sei keine Provokation, sondern eine Vorsichtsmaßnahme, um den Sorgen der osteuropäischen Nato-Mitgliedern zu begegnen, sagte er. Auf Nachfrage fügte Biden hinzu, es sei nach wie vor unklar, ob Poutine tatsächlich einen Angriff plane. « Ich werde vollkommen ehrlich mit Ihnen sein: Es ist ein bisschen wie im Kaffeesatz lesen. » (25.01.2022)
Polen erwartet von Deutschland « klares Signal »
Der polnische Vizeaußenminister Szymon Szynkowski vel Sęk hat Zweifel an der Verlässlichkeit Deutschlands in der Ukraine-Krise geäußert. « In Polen und in anderen osteuropäischen Ländern fragen sich viele, welches Spiel Deutschland im Ukraine-Konflikt eigentlich spielt », sagte er während eines Besuchs à Berlin. Es gebe Zweifel, ob man auf Deutschland zählen könne. « Ich würde mir wünschen, dass sich diese Zweifel nicht verstärken, sondern abgebaut werden. Wir brauchen da klare Signale von Deutschland. »
Konkret forderte der Vizeaußenminister von der Bundesregierung ein klares Nein zur Inbetriebnahme der umstrittenen Ostseepipeline Nord Stream 2 und eine schnelle Genehmigung der Lieferung von Haubitzen aus früheren DDR-Beständen aus Estland in die Ukraine. « Wir befinden uns in einer speziellen Situation. Und in einer speziellen Situation sollte man auch zu speziellen Mitteln greifen », sagte er zur deutschen Absage an Waffenlieferungen in die Ukraine. « Und deswegen erwarten wir starke Worte und starke Taten der deutschen Regierung. »
Die Bundesregierung prüft eine von Estland beantragte Genehmigung für eine Waffenlieferung an die Ukraine. Diese ist erforderlich, weil die Haubitzen aus DDR-Altbeständen mit Auflagen zunächst an Finnland verkauft und dann später von dort an Estland gegeben worden waren. Die Ukraine fordert von Deutschland darüber hinaus Waffenlieferungen zur Verteidigung gegen einen möglichen russischen Angriff in großem Stil, unter anderem Kriegsschiffe und Luftabwehrsysteme. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) et Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) haben der Lieferung letaler Waffen eine klare Absage erteilt.
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